Honiggläser sollen nur noch gereinigt in Altglascontainer gelangen. Das regen Kantonsräte der Grünen an. Sie wollen damit das Bienensterben im Kanton Zürich eindämmen.
Die Gefahr lauert im Altglascontainer. Ist ein leeres Honigglas nicht sauber ausgewaschen, können sich dort Erreger der Amerikanischen Faulbrut vermehren. Naschen die Bienen von den süssen Überresten, bringen sie von ihren Flügen nicht nur Nektar in den Bienenkasten zurück, sondern auch die Krankheit, die für ihre Larven tödlich enden kann. Kein Risiko besteht hingegen für den Menschen und andere Lebewesen.
Die beiden Grünen Kantonsräte Urs Hans (Turbenthal) und Robert Brunner (Steinmaur) zeigen sich besorgt über diese Gefahr für die Bienen. Deshalb wollen sie vom Regierungsrat in einer Anfrage wissen, was das kantonale Veterinäramt als Fachstelle für Tierseuchen dagegen unternimmt: Sensibilisieren die Behörden die Zürcher Bevölkerung genug, damit leere Honiggläser frei von Rückständen im Altglas landen? Werden an den Altglascontainern künftig dichte Manschetten angebracht, um die Bienen am Flug ins vermeintliche Honigparadies zu hindern?
Dramatischer Befund in Horgen
Von der Verschlussidee hält der kantonale Bieneninspektor Rolf Schärlig wenig. «Sinnvoller ist es, die Honiggläser den Imkern zurückzubringen», sagt er. Diese könnten in der Folge die Gläser auskochen und wiederverwenden. Schärlig ortet wie die grünen Politiker mangelndes Bewusstsein für die Problematik. Mit Nachdruck rät er deshalb davon ab, Importhonig aus Übersee zu kaufen, weil dieser Faulbrutsporen enthalten könnte. Schweizer Honig hingegen werde streng kontrolliert.
Hintergrund der Anfrage aus dem Kantonsrat ist das Bienensterben. Seit Ende der 90er-Jahre verenden im Kanton Zürich Saison für Saison massenhaft Bienen. 2009 etwa starben allein zwischen Januar und Mai rund 10 Millionen der schätzungsweise 400 Millionen Tiere im Kanton Zürich. Diesen Winter hat im Bezirk Horgen nur die Hälfte der Bienen überlebt – ein dramatischer Befund, wie Schärlig sagt. Ein Ende der Misere ist nicht in Sicht. «Die Bienen stehen weiterhin unter Druck», sagt der Fachmann. Das Phänomen greift weit über Zürich hinaus.
Zu viele Bienenvölker getötet?
Faulbrut ist eine hoch ansteckende bakterielle Erkrankung der Bienenbrut. Im Kanton Zürich schwankt die Zahlbetroffener Bestände – ein Standort mit mehreren Bienenvölkern – seit 1992 zwischen null und vier Fällen. Stark zugenommen hat hingegen die ebenfalls sehr ansteckende Sauerbrut. Während bis 1999 pro Jahr landesweit rund 50 Fälle auftraten, stieg die Zahl der Erkrankungen seither stetig an. Letztes Jahr waren es 994, 88 davon im Kanton Zürich.
Ist ein Bienenvolk befallen, bleibt nur ein Ausweg: die Vernichtung. In der Praxis wirft dies Fragen auf. 2009 tötete der Bieneninspektor des Bezirks Pfäffikon mehrere Bienenstände mit total 58 Völkern, obwohl nur deren 11 Faulbrutbefall aufgewiesen hatten, wie die Kantonsräte Brunner und Hans in ihrer Anfrage kritisieren. In Deutschland würden niemals gesunde Völker abgetötet, die Rückfallquote sei gering, vitale Bienenvölker würden gar Resistenzen bilden, schreiben sie. Deren Weiterzucht böte die Chance, die Faulbrut zu senken.
Bieneninspektor kontert
Die Kantonsräte Hans und Brunner wollen deshalb wissen, ob die Regierung diesen Ansatz in Zürich verfolgen will. Derweil nimmt Bieneninspektor Schärlig seinen Berufskollegen aus Pfäffikon in Schutz. Dieser habe sich strikt an die Richtlinien der eidgenössischen Tierseuchenverordnung gehalten, stellt Schärlig klar. Demnach müssen «alle Völker und deren Waben oder die erkrankten und verdächtigen Völker» vernichtet werden. Wie das kantonale Veterinäramt diese Praxis einschätzt, lässt sich noch nicht sagen. Kantonstierärztin Regula Vogel will sich dazu erst im Rahmen der Regierungsantwort äussern.
Tagesanzeiger von Stefan Häne (02.04.2011)