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Gefährden Imker unsere Wildbienen?

10.04.2024

Der Zuger Kantonale Imkerverein lud zur Delegiertenversammlung des Dachverbands Bienen Schweiz nach Baar ein. Fachreferent Vincent Dietemann widmete sich einem strittigen Thema.

Eine Studie der Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) versetzte die Imkerwelt in Aufruhr. Die umstrittene Interpretation der Studienergebnisse durch die Medien: Honigbienen gefährden und verdrängen Wildbienen. Ein Postulat im Kanton Waadt fordert nun, die Anzahl Honigbienen zu regulieren. Doch sind solche Massnahmen gerechtfertigt?

Vincent DietemannÜber diese komplexe Fragestellung referierte am vergangenen Samstag der Wissenschaftler Vincent Dietemann von Agroscope, dem Kompetenzzentrum des Bundes für landwirtschaftliche Forschung, im Gemeindesaal in Baar. Dort organisierte der Zuger Kantonale Imkerverein die 146. Delegiertenversammlung des Verbands Bienen Schweiz. «In der Schweiz leben mehr als 600 Wildbienenarten. Knapp die Hälfte davon sind gefährdet», sagte er.

Nur noch halb so viele Bienenvölker

Eine wesentliche Rolle spiele der Verlust von Lebensräumen, Nahrungsmangel, Pestizideinsatz und der Klimawandel. So machten etwa die Zersiedelung und intensive Landwirtschaft viele Wildblumenwiesen dem Erdboden gleich und zerstörten damit die Nahrungsgrundlage der unersetzlichen Bestäuber. Dietemann hielt fest: «Wir haben heute etwa halb so viele Honigbienen Völker wie noch während des Zweiten Weltkriegs.» Damals befand sich die Population hierzulande auf dem Höhepunkt. Im europäischen Vergleich der Bienendichten bewege sich die Schweiz heute im Mittelfeld. Die viel zitierte WSLStudie analysierte jedoch nicht die Wildbienen, sondern stellte lediglich die Nachhaltigkeit der Stadtimkerei infrage. «Die verfügbaren Nahrungsquellen würden gemäss dieser Studie nicht ausreichen, um die derzeitige Dichte von Bienenstöcken aufrechtzuerhalten, und die Stadtimkerei sei dadurch nicht nachhaltig », sagte Dietemann.

Diese Aussage erntete jedoch viel Kritik und ist umstritten. So wurde der konzeptionelle Rahmen der Studie infrage gestellt und aufgezeigt, dass die erhobenen Daten diese Schlussfolgerung nicht stützen würden. Dietemann erklärte: «Noch gibt es nur Hinweise dafür, dass die Honigbienen in bestimmten Kontexten schlecht für die Wildbienen sein könnten.»

Ein weiteres umstrittenes Thema: Krankheiten, Parasiten und Viren würden von den Honigbienen auf die Wildbienen übertragen. Auch dafür gibt es laut dem Fachreferenten keinen überzeugenden Beweis. Dietemann sagte: «Um die Wildbienen zu schützen, braucht es womöglich keine strengen Gesetze gegen Honigbienen, aber eine bessere Bodenkonfiguration, besseres Landmanagement, weniger Pflanzenschutzmittel und effektive Massnahmen gegen den  Klimawandel.»

Der Verband Bienen Schweiz unterstützt mit dem Blühflächenprogramm die Schaffung neuer Nahrungsquellen für Wild- und Honigbienen. Imkerinnen und Privatpersonen können gemeinsam eine nahrungsreiche Umwelt für Insekten fördern, indem sie sich für naturnahe Lebensräume und die Förderung der heimischen Blütenvielfalt einsetzen.

Wichtiger als die Honig- und Wachserträge sei dabei die Bestäubung von Wild- und Kulturpflanzen. Dietemann schloss: «Wir wissen noch nicht genug über die Konkurrenz zwischen Honig- und Wildbienen, um Entscheidungen treffen zu können. Um die Ernährungssicherheit, die optimale Bestäubung und den Naturschutz zu gewährleisten, braucht es jedoch sowohl Honig- als auch Wildbienen.»

Den Zuger Imkerverein gibt es 1889

Der Zuger Bienenzüchterverein wurde 1889 gegründet. Die Gründungsversammlung wurde mit 57 Teilnehmern auf dem Rosenberg abgehalten. Ziel war es, die Imkerei zu einem rentablen Zweig der Landwirtschaft zu machen. Seit den Anfängen widmet sich der Verein der Aus- und Weiterbildung seiner Mitglieder.

Ebenfalls 1889 erschien die Erstausgabe des Lehrbuchs «Der Bienenvater», das Peter Theiler, Mitbegründer des Zuger Vereins, zusammen mit weiteren Autoren verfasst hatte. Der Rosenberg selbst entwickelte sich zu einem Zentrum der Imkerei und beherbergte bald das schweizerische Bienenmuseum. 1938 erfährt der Zuger Kantonale Imkerverein eine Spaltung, da sich 40 Mitglieder zum Imkerverein Aegerital zusammenschliessen. Heute verantwortet der Zuger Kantonale Imkerverein unter anderem den Betrieb der B-Belegstation (kontrollierte Anpaarung jungfräulicher Königinnen) im Hürital, die schweizweit stets einen Spitzenplatz
belegt. (cro)

Text: Valentin Köpfli

 

 
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